Kapitel VI
Die Ermittlungen gegen Unterweger
Auf den Spuren des mutmaßlichen Killers
Der Fall Jack Unterweger stellte Österreichs Polizei und Justizbehörden vor größte Herausforderungen. Galt es doch, Indizien und Beweise für einen dringenden Tatverdacht gegen den protegierten, prominenten Literaten zu sammeln und nach der durch eine Indiskretion erfolgten Flucht des Verdächtigen, eine erfolgreiche Fahndung zu organisieren.

Dabei erwies sich, dass die durch mediale Attacken und die konsequente Verteidigung seines Anwaltes ohnehin keineswegs leichte Arbeit der Polizei auch innerhalb der Behörde und des Justizapparates auf Widerstände stieß.
Das Netz wird geknüpft
Zwischen Oktober 1990 und Mai 1991 verschwanden in Wien, Graz und Vorarlberg insgesamt sieben Prostituierte spurlos, später wurden ihre Leichen aufgefunden. Was zunächst für die damit befassten Polizeibehörden wie regionale Einzelfälle aussah, entpuppte sich jedoch in der Folge, Schritt für Schritt, als Machwerk eines gefährlichen Einzeltäters.

Jack Unterweger
Jack Unterweger
(Foto: Nikolaus Similache / Contrast / picturedesk.com)
Die Polizeidienststellen in Wien, Graz und Vorarlberg standen nämlich zu Beginn vor dem Problem - von dem übrigens alle Polizeibehörden betroffen sind -, dass das Verschwinden einer Prostituierten im Gegensatz zum Verschwinden etwa einer Studentin mit einem geregelten Lebenswandel nicht unbedingt auf eine Gewalttat hinweisen muss, weshalb in der Regel nach Kenntnis der Abgängigkeit keine so massive Ermittlungstätigkeit entsteht.

Außerdem dringt die Tatsache, dass Prostituierte nicht unbedingt einem Dirnen-Hasser zum Opfer fallen müssen, sondern, dass vor allem deren größere Manipulierbarkeit - indem es beispielsweise leichter ist, eine Prostituierte ins Auto einsteigen zu lassen - ein gewichtiges Motiv für einen potentiellen Täter darstellt, nur schwer in das Bewusstsein der Bevölkerung.

In Wien wurden die Fälle Silvia Zagler, Regina Prem, Karin Eroglu- Sladky und Sabine Moitzi zunächst als gewöhnliche Abgängigkeitsfälle behandelt. Da sich diese Fälle jedoch in einem relativ eingegrenzten Gebiet häuften, wurden die Erhebungen in der ersten Phase der polizeilichen Ermittlungen intensiver geführt als bei einer gewöhnlichen Abgängigkeitsanzeige. Trotzdem ergaben sich zunächst keine brauchbaren Ermittlungsansätze.

Erst mit dem Auffinden der Leiche von Sabine Moitzi am 20.5.1991 begannen die polizeilichen Erhebungen richtig anzulaufen: Innerhalb der Polizei beschäftigte sich nun eine eigene Abteilung mit den Mordfällen. Die Ermittlungen übernahm die Gruppe Gary vom Wiener Sicherheitsbüro (SB). Oberstleutnant Friedrich Maringer, der vor einigen Monaten bei einer Geiselnahme beispiellosen Mut bewies, war als leitender Kriminalbeamter zuständig, und als Referent agierte Oberkommissär Dr. Hannes Scherz.

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Zitate
«Es sind zwar Indiskretionen passiert, aber ich würde nicht so weit gehen und meinen, dass hier die Menschenwürde mit Füßen getreten wurde. Tatsächlich ist die Indizienlage dichter, als das in den Zeitungen steht.»

Innenminister Dr. Franz Löschnak
In: profil, Nr. 9/24. Februar 1992
Zitate
«Also habe ich Kripo-Beamte ausgeschickt. Unterwegers milieugetreue Erhebungen unter dem Deckmantel des Journalismus waren ja schon sehr eigenartig.»

MAG. MAX EDELBACHER
Vorstand des Sicherheitsbüros